Küstenfischerei, Biodiversität, räumliche Nutzung und Klimawandel: Ein partizipativer Ansatz zur Navigation der westlichen Ostsee in eine nachhaltige Zukunft

Fischerboot © Vanessa Steinweg
Die kommerziell wichtigen Fischbestände von Dorsch und Hering sind erschöpft und bedrohen die Existenz der westlichen Ostseefischereien. Darüber hinaus stehen die Fischereien vor der Herausforderung eines erhöhten räumlichen Wettbewerbs mit der benötigten erneuerbaren Energieproduktion in Offshore-Windparks und der gestiegenen Nachfrage nach marinem Naturschutz zur Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrisen. Durch die Kombination von Spitzenforschung in Ökologie, Ökonomie und Sozialwissenschaften mit einem modernen transdisziplinären Prozess wird SpaCeParti-2 räumliche Lösungen für eine Nachhaltigkeitstransformation der westlichen Ostseefischereien bereitstellen.
Speziell wird SpaCeParti-2
(1) Ökologische Lösungen durch Identifizierung räumlicher Fischereimöglichkeiten und Schutzbedürfnisse entwickeln;
(2) Managementlösungen durch Bewertung der Effektivität und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit von Raumnutzungsszenarien identifizieren;
(3) Transdisziplinäre Lösungen durch Integration der Sichtweisen und des Wissens der Stakeholder ko-kreieren; und
(4) Governance-Lösungen durch Integration der Ergebnisse in die maritime Raumplanung und das Mehrebenen-Fischereiverwaltungssystem, einschließlich lokaler (Reallabor), bundesstaatlicher und nationaler (z. B. Ministerien), regionaler (z. B. HELCOM) und internationaler (z. B. EU und ICES) Gesetze, Foren und Institutionen bereitstellen.
Aufgrund seines einzigartigen transdisziplinären Ansatzes kann SpaCeParti-2 als Blaupause für Nachhaltigkeitstransformationen dienen, auch über die Fischerei hinaus. SpaCeParti 2.0 wird insbesondere zur Erreichung des UN-Nachhaltigkeitsziels (SDG) 14 (Leben unter Wasser) beitragen, aber auch zu den SDGs 2 (Kein Hunger), 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum), 12 (Verantwortungsvoller Konsum und Produktion) und 17 (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele).
Mit diesen Aktivitäten in SpaCeParti-2 bauen wir auf Ergebnissen aus der ersten Phase auf.
In Phase 1…
…wurden erfolgreich die ersten marinen Reallabore aufgebaut und Pionierarbeit in der transdisziplinären Forschung der Meereswissenschaften geleistet. Reallabore sind junge, partizipative Forschungsformate - in marinen Räumen eine Neuerung (Wagner-Ahlfs et. al 2024). In SpaCeParti-2 führen wir diese Pionierarbeit fort und passen Konzeptionen, Formate und Methoden an die besonderen Bedürfnisse und Herausforderungen in marinen Räumen an. Aus den Erfahrungen der Reallabore in Phase 1 konnten wesentliche Erkenntnisse für den Aufbau, Betrieb und Betreuung von Reallaboren und transdisziplinäre Forschung im Allgemeinen gewonnen werden (de Graaf et al., 2023, Grünhagen et al. 2023, Schaber et al. 2023, Riekhof et al. 2023).
…wurde Ende 2023 das Leitbild für die Zukunft der deutschen Ostseefischerei veröffentlicht (BMEL/Riekhof et al. 2023). Die Maßnahmen, die zur Umsetzung einer erfolgreichen Transformation führen, müssen jedoch noch konkretisiert und weiter evaluiert werden. Dafür wurde u.a. ein Szenarien-Rechner entwickelt, um fehlende Abschätzung zur Flottenstruktur evaluieren zu können.
…konnten Erkenntnisse zur Bedeutung verschiedener Laichgebiete und des Wanderverhaltens des Herings gewonnen werden (Moll et al., in prep.). Diese Erkenntnisse müssen für die Anwendung in einem ökosystem-basierten Managements in SpaCeParti-2 weiter vertieft werden. Lokale (Fischerei und Nährstoffanreicherung) und globale (Klimawandel) Stressfaktoren wirken gleichzeitig und verändern die Funktionsweise des Ökosystems der westlichen Ostsee (Reusch et al., 2018). Die komplexen Folgen, die sich aus dem Zusammenspiel dieser Störfaktoren ergeben, sind aufgrund der direkten und indirekten Wege, über die sie die biologische Vielfalt beeinflussen und sich wiederum auf die Fischereierträge auswirken können, Gegenstand laufender Forschungen.

Fischkutter © Vanessa Steinweg
… wurden biologische und ökologische Modelle entwickelt (z.B.Ecopath mit Ecosim (EwE) und Ecospace für die Westliche Ostsee), die in SpaCeParti-2 für weitere Analysen genutzt werden, denn sie sind ein idealer Ansatz, um das Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu erfassen. Diese Daten wurde durch das Arbeitspaket 5 in das Marine Raumplanungsprogramm MSP-Challenge der Universität Breda implementiert, wodurch erstmals der Raum der Westlichen Ostsee der Öffentlichkeit als planerischen Simulationen zur Verfügung steht.
…wurden erste Ideen für die Transformation der Küstenfischerei der Westlichen Ostsee in eine nachhaltige Zukunft untersucht. Diese kann nur im Kontext der zunehmenden Nutzung des marinen Raums durch insbesondere den Energiesektor und der Anforderungen des Ökosystemschutzes erfolgen. Mit der Methode Szenarien Planung wurden vier Szenarien unter Einbezug der Expertise des gesamten Konsortiums SpaCeParti erstellt (Möllmann et al. submitted in prep.). Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitstransformation erfordert räumliche Lösungen, Anpassungen auf den Klimawandel, ökonomische sowie ökologische Anpassungen.
… wurde das komplexe "Governance System" insbesondere im Bereich der vielfältigen die Fischerei betreffenden internationalen und nationalen Gesetzeswerke und Richtlinien analyisiert, aber nicht abschließend untersucht. Nur mit einem umfassenden Verständnis dieses Systems können Ergebnisse aus der Wissenschaft und aus transdisziplinärer Zusammenarbeit (z.B. Leitbildkommission, 2023) in effektives Handlungswissen umgewandelt werden. Basierend auf den Analysen und zusammengetragenen Daten aus der Phase 1 werden die Auswertungen in transdisziplinärer Zusammenarbeit in SpaCeParti-2 zum Abschluss gebracht.
Die Koordinatorin des Projektes ist Prof. Marie-Catherine Rieckhoff von der Christian Albrechts Universität Kiel.